#015 Rob Zombie im Interview über seine zwei Leidenschaften: Horror & Musik

Juni 2011: Mit derben Industrial-Metal-Salven begeistert Rob Zombie sein Publikum und liefert filmreife Live-Shows ab. Und mit Schockern wie „Haus der 1000 Leichen“ oder den beiden „Halloween“-Remakes macht das kreative Multitalent Horrorjunkies glücklich. Kurz nach seinen gefeierten Auftritten bei Rock am Ring und Rock im Park machte der Schock-Rocker für eine Soloshow in Hamburg Station. Das konnte sich Ben natürlich nicht entgehen lassen und traf Rob Zombie zum Interview, um über Horrorfilme und Horrormucke zu sprechen.

„Ich hasse Superheldenfilme! X-Men und Spider Man und diesen ganzen Müll!“
Rob Zombie
2011
„Ich hasse Superheldenfilme! X-Men und Spider Man und diesen ganzen Müll!“
Rob Zombie
2011

Rob Zombie: Interview mit dem Horror-Meister

Rob, in Deutschland scheinen dich die meisten wegen deiner Filme zu kennen – dass du auch erfolgreich Musik machst, scheint vielen zu entgehen.
Das ist aber okay für mich. Klar, die Filme kommen natürlich viel mehr rum.

Was füllt denn deinen Geldbeutel mehr: Filmemachen oder Musik?
Das ist mir eigentlich egal – ich mache beides gleich gerne und werde das vermutlich auch immer machen. Ich bin lange nicht auf Tour gewesen, weil ich Filme gemacht habe, und das habe ich echt vermisst. Was das Finanzielle anbelangt: Von beidem kann man leben, glaube ich. Ich weiß es noch nicht mal genau, aber vermutlich halten sich bei mir beide Sachen die Waage.

Neulich hast du bei Rock am Ring gespielt – wie hast du die Sintflut erlebt? Sind das die Momente im Leben eines Musikers, in denen man sich denkt ‘Warum mache ich den Scheiß eigentlich?’
Ach, das hat mich nicht wirklich gestört. Mir geht es nur darum, dass die Show nicht beeinträchtigt wird. Wenn ich nass werde, ist mir das egal, aber da sind natürlich viele elektronische Dinge am Start, und mit Wasser ist da nicht zu spaßen. Es tat mir auch für die Leute da draußen leid, die den ganzen Tag im Regen stehen mussten. Auch wenn bei unserem Auftritt um ein Uhr in der Nacht schon viele Leute gegangen waren, hat mir die Show Spaß gemacht.

Rob Zombie im Interview über die Persona Rob Zombie

Gibt es eine Seite deines künstlerischen Schaffens, die du in diesem Moment der anderen vorziehen würdest?
Nein, mir ist beides gleich wichtig – deswegen versuche ich ja auch immer, alles unter einen Hut zu bekommen.

Das ist vermutlich auch die Schönheit des Ganzen – dass du zwischen den unterschiedlichen Kunstformen hin- und her pendeln kannst, oder?
Da ist was Wahres dran. Konzeptionell ähneln sich Musik und Film, aber ansonsten ist das ein Unterschied wie Tag und Nacht. Wenn du einen Film machst, musst du sehr akribisch sein und sitzt die meiste Zeit im Schnittraum – das dauert alles unglaublich lange, so dass man danach unbedingt etwas Spannendes machen möchte, wie zum Beispiel auf Tour zu gehen und live zu spielen.

Dort bekommst du dann ja auch eine unmittelbare Reaktion auf deine „Kunst”, was einem Filmemacher ja eher selten widerfährt.
Stimmt, das ist schon ziemlich seltsam bei Filmen: Du arbeitest unglaublich lange daran und hast keine Ahnung, was die Leute davon halten werden. Und selbst wenn der Film rauskommt und die Leute ins Kino gehen, bist du nicht da, um ein direktes Feedback zu bekommen. Beim Konzert hingegen bekommst du das sofort, das ist natürlich viel cooler und macht viel mehr Laune.

Generell haben die Leute deine Filme doch aber ganz gut aufgenommen, oder?
Das Feedback war ziemlich gut, denke ich.

Obwohl einigen deine „Halloween”-Remakes missfielen.
Da waren die Meinungen immer ziemlich geteilt und wechselhaft. In letzter Zeit sagen mir aber komischerweise viele Leute, dass ihnen die „Halloween”-Filme sehr gut gefallen haben. Jetzt sagen sie das auf einmal, aber am Anfang hörte sich das oft ganz anders an – vielleicht müssen sich die Leute erst mal an eine Sache gewöhnen. Ich habe das Gefühl, dass sich am Anfang erst mal alle über alles beschweren müssen – und später lieben sie es dann auf einmal.

Warum bist du eigentlich hinter die Kamera gegangen und hast nicht versucht – wie viele deiner Kollegen – auf Schauspieler zu machen?
Ich wollte noch nie Schauspieler werden, das hat mich einfach nie gereizt. Außerdem sind die meisten Musiker meiner Meinung nach ziemlich beschissene Schauspieler. Ich überlege gerade, ob überhaupt einer von ihnen etwas taugt. Wer ist gut…? Tom Waits ist ziemlich gut (*lacht*)! Für mich aber kein Thema, ich wollte immer hinter die Kamera.

Als Rob Zombie hast du doch aber auch so etwas wie eine Persona, in die du schlüpfst.
Das ist aber etwas anderes: Es ist für mich ein Unterschied, ob ich eine Persona kreiere und damit vor Publikum spiele oder ob ich eine Figur in einem Film übernehme, die vorgeschriebene Emotionen abliefern muss – das ist eine völlig andere Fähigkeit. Viele Musiker verwechseln das ja, die denken ‚hey, ich spiele hier vor Publikum und die Leute mögen es, dann bin ich bestimmt auch ein guter Schauspieler’ – sie sind es aber nicht. Oft habe ich auch das Gefühl, dass Musiker interessante Persönlichkeiten haben, die sie auf der Bühne ausleben, wohingegen die meisten Schauspieler die langweiligsten Typen sind, die du dir nur vorstellen kannst. Im Film können sie dir vielleicht das Gegenteil vorspielen, aber wenn du ihnen gegenübersitzt, dann sind das einfach unglaublich öde Personen.

Rob Zombie über „Lords of Salem“ und Horror im Allgemeinen

Du machst ja ziemlich derbe Horror-Filme…
Yeah!

… warum sind Blut und Sadismus so wichtige Bestandteile deiner filmischen Ästhetik?
Generell mag ich eigentlich alle Filmgenres, doch im Moment bevorzuge ich eben Filme, die ganz klar für Erwachsene gemacht sind. Leider hat man derzeit sogar bei vielen „Horrorfilmen“ das Gefühl, dass sie für Kinder gemacht werden. So was kann ich gar nicht haben, ich mag es… böse! Ich will auch nicht den beschissenen „Green Lantern“ oder „Kung Fu Panda“ oder diesen ganzen bescheuerten Scheiß sehen (*lacht*) – wenn ich immer noch zehn wäre, würde ich mich darüber vielleicht freuen.

Aber Blut um des Bluts willen kann es ja auch nicht sein, oder?
Ich mag ja noch nicht mal unbedingt die blutigen Filme – darauf stehe ich nur, wenn es im Kontext des Films Sinn macht.

Wenn du die Möglichkeit dazu hättest, würdest du auch eine romantische Komödie drehen?
Wahrscheinlich nicht. Ich würde gerne mal einen Western machen, oder ein Crime Drama – ich mag einfach intensives Material, das muss nicht immer nur Horror sein.

War es aber bislang.
Das stimmt. Das liegt aber auch daran, dass es unglaublich schwer ist, überhaupt einen Film zu machen. Wenn du es also irgendwann mal schaffst und mit einem bestimmten Typus von Film erfolgreich bist, dann ist es einfacher, in diesem Genre zu bleiben. Eines werden die Leute aber wohl nie verstehen: Es ist nahezu unmöglich, einen Film zu machen, geschweige denn ihn zu veröffentlichen! So viele Leute machen Filme, die du niemals irgendwo zu sehen bekommen wirst.

Aber wenn man wie du ein gewisses Level erreicht hat, sollte es doch einfacher werden, oder?
Das sollte man meinen. Tatsächlich kommt es mir aber vor, als würde es für mich immer schwieriger werden, einen Film zu machen.

Immerhin hast du bei deinem nächsten Film, „Lords Of Salem“, Final Cut bekommen.
Ja, stimmt, aber selbst der Film ist im Moment ein Albtraum. Es ist immer noch sehr schwierig, denn die Wirtschaftslage ist im Moment schlecht fürs Filmemachen, die Geldgeber sind knauseriger denn je mit ihrem Geld. Dass ich Final Cut bekommen habe, ist natürlich super, aber im Moment sind wir noch im Anfangsstadium – ich fange wohl erst im Herbst 2011 mit dem Film an.

Kannst du uns schon was über den Film sagen?
„Lord Of Salem“ ist ein ziemlich ungewöhnlicher Film für mich. Bis jetzt waren all meine Filme ja immer super-brutal, aber der hier ist anders, fast wie eine Geistergeschichte im Roman-Polanski-Stil – wie „Der Mieter“ oder „Shining“. „Lords Of Salem“ wird nicht so explizit wie meine anderen Filme sein, eher psychologisch brutal als physisch brutal. Mal schaun, wie das funktioniert.

Gibt es eine neue Horror-Generation, Rob Zombie?

Wie organisierst du eigentlich deine zwei Passionen Musik und Film im kreativen Bereich? Fällt es dir leicht, immer für das Inspiration zu finden, an dem du gerade arbeitest?
Im Prinzip ist es wie jede andere Arbeit auch: Manchmal musst du dich eben zwingen. Und ich weiß ja: Nach unserer Tour mit Slayer war es das erst mal für längere Zeit und ich kann mich wieder für ein oder zwei Jahre dem Filmemachen widmen.

Welche Filme hast du als letztes gesehen?
Oh Gott, ich war lange nicht mehr im Kino. Aus dem Grund, den ich eben schon genannt habe: Mich nerven diese Kinder-Filme. Außerdem hasse ich Superhelden-Filme! Ich hasse den Scheiß! Ich hasse „X-Men“ und „Spider Man“ und diesen ganzen Müll. Als Kind habe ich so was geliebt – ich wünschte, ich wäre immer noch zwölf, dann wäre ich angesichts des heutigen Kinoprogramms vermutlich im Himmel. Aber in meinem Alter ist das alles einfach nur noch dumm.

Haben dir denn einige der jüngeren Horrorfilme gefallen?
In letzter Zeit nicht, nein. Der letzte Filme, den ich im Kino gesehen habe und der mir auch wirklich gefallen hat, war „Machete“. Seitdem habe ich, glaube ich, gar nichts mehr gesehen. Ich gucke sehr viele Filme, gehe aber kaum ins Kino, da ich die neuen Filme nicht sonderlich mag.

Würdest du sagen, dass es eine neue Ära des Horrorgenres gibt mit Regisseuren wie Alexandre Aja, Eli Roth und dir?
Nein, das glaube ich nicht. Es ist nicht so, dass es eine bestimme Gruppe von Regisseuren gibt – jeder geht in seine eigene Richtung, ich habe auch keine Ahnung, was die anderen im Moment gerade machen. Ich mach einfach nur mein Ding und kümmere mich nicht um die anderen.

„Piranha 3D“ hast du aber sicher gesehen, oder?
Ja, ein Freund von mir hat das Drehbuch dazu geschrieben. Der war ziemlich albern.

Ich persönlich fand ja „Tucker & Dale Vs. Evil“ klasse, aber der gefällt dir dann sicher auch nicht, oder?
Den habe ich noch nicht gesehen, aber es ist tatsächlich so, dass ich mit humoristischen Filmen noch nie viel anfangen konnte. Selbst „Evil Dead 2“, den ja irgendwie jeder klasse findet, hat mir nie so wirklich gut gefallen. Ich mag einfach keine Comedy im Horror.

Würdest du sagen, dass es wichtig ist, das Horror-Movie-Genre dem jeweiligen Zeitgeist anzupassen?
Nein, das halte ich nicht für wichtig. Klar, in den 70ern hat Wes Craven immer davon geredet, wie sehr ihn der Vietnamkrieg beeinflusst hat und dass seine Filme so extrem waren, weil der Rest der Welt so extrem war. Aber heutzutage ist es ja so, dass do den extremsten Scheiß eh schon im Fernsehen oder im Internet siehst – auf eine gewisse Weise ist es fast schon schwierig, damit im Medium Film zu konkurrieren. Ich denke also nicht, dass die äußeren Einflüsse heute noch eine ähnlich große Bedeutung haben wie früher. Ich mache meine Filme eh am liebsten so, als wären sie von 1976.

Warum gerade 1976?
Das war einfach meine Lieblingszeit – von 1974 bis 1977. Mein Leben war zu der Zeit leider ziemlich scheiße, aber die Filme waren großartig damals (*lacht*)!

Rob Zombie im Interview über Horrorklassiker

Gibt es irgendwelche Grenzen, die du als Filmemacher nicht überschreiten würdest?
Nein, nicht wirklich. Wenn es zum Film passt, ist mir alles recht – es ist ja nicht real. Das einzige Mal, dass ich etwas gesehen habe, was ich hochgradig verstörend fand, war in „Cannibal Holocaust“, wo sie tatsächlich Tiere vor der Kamera getötet haben. Das war widerlich, so etwas würde ich nie tun. Aber solange alles nur Fake ist und niemand verletzt wird – wen interessiert’s?! (*Lacht*)

Was sagst du zum modernen französischen Horror-Kino?
„Martyrs“ war cool und dieser andere auch, wie hieß er noch mal… „Inside“, genau. Der war auch klasse, die Jungs haben einen guten Job gemacht. Auch wenn das vielleicht nicht unbedingt meine Art von Filmen ist, denn ich bevorzuge Filme mit schrägen Charakteren. Aber auch wenn ich solche Filme nicht selber machen würde, sind die französischen künstlerisch schon ziemlich gut gemacht.

Wie haben dir andere Klassiker-Remakes gefallen wie „Texas Chainsaw Massacre“ oder „Nightmare On Elm Street“?
Mal überlegen, was habe ich alles gesehen… also „Dawn Of The Dead“ war ziemlich gut, an „Texas Chainsaw Massacre“ erinnere ich mich kaum und bei „Nightmare On Elm Street“ bin ich tatsächlich eingeschlafen.

Im Zweifelsfall ziehst du ja eh immer das Original vor, oder?
Auf jeden Fall. Da Original von „Dawn Of The Dead“ habe ich ja auch geliebt, insofern war es eigentlich völlig egal, wie gut das Remake ist, weil an das Original eh nichts heranreicht. Ich kann verstehen, dass es einem bei „Halloween“ ähnlich geht – offensichtlich habe ich das Original ja auch vergöttert und mag es immer noch lieber als meinen eigenen Film.

Du hast gesagt, dass du in Zukunft gar keine Remakes mehr machen willst.
Eigentlich will ich keine mehr machen, aber wer weiß, was passiert. Heutzutage ist ja fast alles ein Remake und es wird immer schwieriger einen originären Film zu machen. Bei einem Remake hast du aber auch das Problem, dass du damit einfach nicht gewinnen kannst, weil die Leute mit zu hohen Erwartungen ins Kino gehen: Wenn es dem Original zu ähnlich ist, beschweren sie sich, weicht es zu sehr von ihm ab, beschweren sie sich – du hast kaum eine Chance. Nach den „Halloween“-Filmen habe ich jetzt echt keine Lust mehr auf Remakes, es macht mir sowieso mehr Spaß, meine eigenen Ideen umzusetzen. Außerdem bin ich eh zu der Ansicht gekommen, dass die Leute nur Remakes von solchen Filmen machen sollten, die schlecht waren! Einen guten Film noch mal zu drehen, macht doch eigentlich keinen Sinn. Also: Hört auf, Remakes zu machen, lasst uns eine völlig neue Welle von Filmen machen! Keine Sequels, keine Remakes, keine Superscheißheldenfilme mehr! (*Lacht*)

Danke, Rob Zombie, für das Interview!

Rob Zombie Interview:
Ben Foitzik
Datum:
14. Juni 2011
Ort:
Große Freiheit 36, Hamburg
Copyright Bild:
Ben Foitzik 2011

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